Oberberg – Sensible Daten eines Nümbrechters gingen nach Wiehl – Finanzamt spricht von Ausnahmefall.
Von Lars Weber
Es ist ein absoluter Datenschutz-Alptraum. Sämtliche sensiblen Informationen, die der Steuerzahler dem Finanzamt übergeben muss, in den Händen eines Fremden. Was verdient man? Wo arbeitet man? Was hat man über ein Jahr wofür ausgegeben? Was eigentlich nicht sein darf, passiert manchmal aber trotzdem. Wie bei André Lattek aus Nümbrecht. Seine Steuerunterlagen landeten bei einem Fremden in Wiehl-Weiershagen im Briefkasten.
Daniel Ücker öffnete vergangene Woche den Umschlag vom Gummersbacher Finanzamt mit seinem Steuerbescheid. Er blätterte und blätterte, dann wurde er stutzig. Er blickte in Unterlagen, die mit ihm nichts zu tun hatten. Er brauchte einen kurzen Moment, um zu begreifen, was passiert war. „Das sind doch nicht meine Papiere, die Belege auch nicht“, dachte sich Ücker. Vor ihm lag die komprimierte Einkommenssteuererklärung samt Anlagen von André Lattek, die dieser Anfang Juni beim Finanzamt eingeschmissen hatte. Der Weiershagener vergeudete keine Zeit und versuchte zunächst, über Google die Telefonnummer des Nümbrechters herauszufinden - ironischerweise eine Information, die nicht in den Unterlagen stand. Diese musste Ücker lose durchschauen, um weiterzukommen.
Bei der Firma, wo Lattek arbeitet, bekam Ücker den Nümbrechter an die Strippe. „Er hat mir erst einmal gar nicht geglaubt und konnte es nicht fassen.“ Erst, als Ücker ihm nach und nach alles erklärte, wurde Lattek bewusst, dass das kein schlechter Scherz war. „Die Freude war nicht besonders groß“, erinnert sich Lattek mit viel Sarkasmus. „Ich dachte immer, beim Finanzamt sind meine Daten sicher. Dabei wird in Deutschland so viel über Datenschutz geredet.“ Noch am selben Abend holte Lattek seine Unterlagen in Weiershagen ab.
[Foto: privat --- André Lattek ist froh, dass seine sensiblen Daten zumindest bei einer ehrlichen Person gelandet sind.]
Direkt am nächsten Tag informierte Lattek das Finanzamt. Das Gespräch mit der Datenschutzabteilung lief aber nicht zu seiner Zufriedenheit. „Man sagte mir, dass der Vorfall intern aufgearbeitet werden würde.“ Eine Entschuldigung gab es laut Lattek nicht. Er wünscht sich mehr Sorgfalt und Kontrolle bei der Bearbeitung von sensiblen Daten. „Hätte man die Unterlagen an Daniel Ücker nochmal kurz kontrolliert, bevor sie verschickt wurden, hätte der Fehler leicht bemerkt werden können. Das darf nicht passieren.“
In diesem Punkt stimmt Sabine Loock, Leiterin des Gummersbacher Finanzamts, auf Nachfrage zu. „Das darf nicht passieren.“ Es passiere aber trotzdem – wenn auch „sehr selten“. „Das sind absolute Ausnahmefälle.“ Bekomme das Finanzamt von so einem Fall Kenntnis, müsse es ihn innerhalb von 72 Stunden beim Bundesdatenschutzbeauftragten melden und intern aufarbeiten. Es gelte die Frage zu klären, wie so etwas passieren konnte. Explizit zu dem vorliegenden Fall darf Loock aufgrund des Steuergeheimnisses nichts sagen.
Generell sei es so, dass rund 98 Prozent der Steuerbescheide von den Mitarbeitern nur am Rechner bearbeitet würden und online direkt zum Rechenzentrum weitergeschickt werden. Dort werden sie maschinell verschickt. Dass die Unterlagen also in Papierform vorliegen und persönlich eingepackt werden, komme nur unter bestimmten Voraussetzungen vor. Zum Beispiel, wenn ein Bescheid an mehrere Adressen geschickt werden müsse. Passieren dabei Fehler, handelt es sich laut Loock meist um menschliches Versagen.
July 21, 2020 at 05:23PM
https://ift.tt/2OL53Ec
Steuerunterlagen landen in den Händen eines Fremden - Oberberg Aktuell
https://ift.tt/3giNabH
wird bearbeitet
No comments:
Post a Comment